Die Fakten rund um die Eintragung des Bodendenkmals

Worum geht es den betroffenen Bürgern in Gnadental?

Wir in Gnadental sind kein kleines gallisches Dorf, das die Römer mit allen Mitteln bekämpft. Vielmehr schätzen wir sie als einen Teil unserer Identität. Aber wir wünschen uns einen ehrlichen Dialog auf Augenhöhe und möchten nicht, dass Entscheidungen, die zu unserem Nachteil sind, einfach durchgezogen werden, ohne uns auch nur zu informieren oder einzubeziehen.

Es gibt drei wesentliche Fakten, die durch die betroffenen Bürger in Gnadental kritisiert werden:

1.  Die Informationspolitik der Stadt Neuss gegenüber den Bürgern, die einen nicht unmaßgeblichen Eingriff in ihre Eigentumsrechte befürchten.

 

 

2. Die Verbreitung und Äußerungen von unhaltbaren Versprechen, die jeglicher Grundlage entbehren und teilweise rechtlich nicht haltbar sind oder rechtlich kritisch erscheinen. 

3. Die Eintragung eines Bodendenkmals, bei dem Zweifel angebracht sind, ob und inwieweit dieses überhaupt noch vorhanden ist.

Was hat die Stadt Neuss und die verantwortliche Verwaltung bisher getan? Oder besser gefragt, was hat sie nicht getan?

Die Stadt Neuss hat am 11.11.2020 per Bekanntmachung in der NGZ eine Anhörung zum Thema Eintragung des Bodendenkmals angesetzt.

Leider hat es coronabedingt in der Anhörungsfrist keine Sprechstunden bei der Stadt gegeben. Deswegen hat der Stadtverordnete Stefan Müller, der selber auch Betroffener ist, einen Fragenkatalog zu diesem Thema an die Stadt Neuss gerichtet, die dann in einer Zoom-Konferenz am 22.01.2021 erörtert wurden. Der Bitte von Herrn Müller, diese Fragen schriftlich zu beantworten, wurde über Monate nicht entsprochen.

Am 20.03.2021 wurde dann wiederum per Veröffentlichung in der NGZ die Eintragung des Bodendenkmals durch die Stadt bekanntgegeben.

Auf Drängen von Herrn Müller wurden dann auch die Fragen aus der Konferenz vom 22.01.2021 schriftlich beantwortet. 

Die Antworten waren allerdings nicht zufriedenstellend, ausweichend und sehr stark im Konjunktiv formuliert. Kurz gesagt: Nichts Konkretes!

In jedem Fall hat die Stadt Neuss an keiner Stelle des Verfahrens auch nur ansatzweise den Versuch unternommen, die betroffenen Bürger adäquat zu informieren, sie einzubeziehen oder gar mit ihnen in einen Dialog treten zu wollen.

Der gegenteilige Eindruck drängt sich Einem auf: Die Stadt Neuss versucht hier ohne den Bürger zu informieren, Fakten zu schaffen, die zum Nachteil einiger Weniger sind und die daraus entstehenden Kosten für Genehmigungen und archäologische Begleitung der Ausgrabungen werden am Ende auf die Eigentümer abgewälzt.

Welche Auswirkungen hat die öffentliche Bekanntmachung in der NGZ vom 4.3.2021? 

Hinsichtlich Rechtsmittel und Fristen:
Mit Bekanntmachung in der NGZ beginnt eine Frist, die am 20.04.2021 ausgelaufen ist, innerhalb derer gegen den Verwaltungsakt rechtlich vorgegangen werden kann. Da es im NRW-Verwaltungsrecht aber keine Möglichkeit des einfachen Widerspruchs gibt, ist die Einreichung einer Klage vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf gegen diesen Verwaltungsakt der Stadt Neuss das einzig verbleibende Rechtsmittel.

Dieser Weg wurde durch diverse betroffene Bürger beschritten. Einerseits, weil es das einzig verbliebene Rechtsmittel war und andererseits der Dialog mit der Stadt innerhalb dieser kurzen Frist nicht abschließend erfolgen konnte und das Vertrauen der Bürger in die Verwaltung auf Grund der bisherigen Erfahrung mehr als zerrüttet ist. 
 

Hinsichtlich des Bodendenkmals und der Einschränkungen für die Grundstücksbesitzer:
Ab dem Zeitpunkt der rechtswirksamen Eintragung in die Liste der Denkmäler der Stadt Neuss als sog. "Bodenfestes Denkmal" sind Bodeneingriffe unterhalb der Grasnarbe verboten, müssen beantragt werden und eine archäologische Begutachtung bzw. Grabung ist zwingend gefordert. Es gilt ab der Eintragung ein "Eingriffsverbot" laut LVR.

 

Wie agiert die Stadt in diesem Verfahren und wie reagiert sie auf die Vorwürfe der Desinformation?

Die Stadt behauptet in diversen Gesprächen, dass sie bereits im Dezember 2020 umfangreich über die Eintragung informiert habe. Diese Behauptung wiederholt die Stadt auch noch in der Pressemeldung vom 21.04.2021. Zitat: "Bereits am 14. Dezember 2020 fand hierzu eine Bürgerinformation statt, zu der über verschiedene Medien sowie Handwurfzettel eingeladen worden war." Leider hat keiner der betroffenen Bürger diesen Handwurfzettel im Briefkasten gehabt bzw. ihn dann im Zweifel übersehen. Die schriftliche Information jedes einzelnen Grundbesitzers per postalischem und offiziellem Anschreiben hat die Stadt Neuss wegen des angeblich zu hohen Aufwandes und aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht in Betracht gezogen. "Es sei zu aufwendig gewesen, die Eigentümer der etwa 200 betroffenen Grundstück zu ermitteln um diese anzuschreiben." - Äußerung von Amtsleiter Christian Unbehaun im virtuellem Informationsgespräch per Zoom am 07.04.2021.

Nach diesem Informationsgespräch, an dem knapp 50 Bürgerinnen und Bürger teilnahmen, erhielten diese am 13.04.2021 eine E-Mail von Amtsleiter Christian Unbehaun, in der er die Fristverlängerung für die Einreichung der Klage auf Antrag jedes Einzelnen anbot. Dieses Angebot auf Fristverlängerung war rechtlich allerdings nicht haltbar und musste durch den Amtsleiter am Freitag den 16.04.2021 um 16.24 Uhr wieder zurückgenommen werden. Zwei Arbeitstage vor Ablauf dieser Frist.

Das gesamte Verhalten der Stadt Neuss, die irreführende Informationspolitik und auch die Äußerungen einiger Amtsträger lässt nur den Schluss zu, dass die Stadt hier möglichst lautlos und unter Ausschluss der Öffentlichkeit etwas durchdrücken möchte. 

Kurze Anmerkung: Für die Zustellung der Grundbesitzabgaben oder Müllgebühren werden die Grundstücksinhaber auf Knopfdruck ermittelt - warum geht dies nicht bei einer schlichten Information? Bei einem solch entscheidenden Eingriff, sollte der Stadt kein Aufwand zu groß sein, die Bürger mitzunehmen und zu informieren.

 

Was ändert sich überhaupt nach der Eintragung zu einem bodenfesten Denkmal?

Laut diverser Informationen der Stadt Neuss (Pressemeldungen, Informationsgespräche, Schreiben per Mail auf Rückfragen) ändert sich im "Prinzip" nichts für die Grundstückseigentümer. Das ist de facto eine gesteuerte "Falschaussage" oder sogar eine bewusste Lüge. Auch nach Widerspruch des LVRs zu dieser Aussage wird diese nach wie vor (u.a. in der Pressemeldung vom 21.04.2021) durch die Stadt - in Person Herrn Unbehaun - weiterhin verbreitet.

Es ändert sich sehr wohl einiges:

  1. Bisher musste bei baugenehmigungspflichtigen Veränderungen das Denkmalamt durch das Bauamt beteiligt werden. Die Untere Denkmalbehörde hat dann, sobald in den Boden eingegriffen wurde (z.B. bei Kellerbauten, tiefen Gründungen, tiefe Grabungen, etc.) entsprechende Vorschriften erlassen und das Bauvorhaben musste archäologisch begleitet werden. Dies bedeutete, dass der Aushub unter Aufsicht und nach klaren Vorgaben erfolgen musste. Die Kosten für diese Begleitung wurden auch in den vergangenen Jahren dem Eigentümer auferlegt.
     
  2. Ab der Eintragung wird jeder Eingriff in den Boden - auch der, der bisher nicht genehmigungspflichtig war - unterhalb der Grasnarbe verboten und muss genehmigt werden. Damit sind eine freie Nutzung und Entscheidungsfreiheit, was, wie und wo auf dem eigenen Grundstück machbar oder nicht machbar ist, extrem beschränkt.
     
  3. Im Zweifel kann sogar ein Gestaltungsvorhaben komplett verboten werden.

Bei dieser Sachlage davon zu sprechen, dass sich "im Prinzip nichts ändert", ist eine bewusste Falschinformation der Verwaltung und bedarf sowohl der juristischen als auch politischen Überprüfung.
 

Mit welchen Kosten muss ein Grundstückseigentümer bei der Realisierung eines Bauvorhabens durch die Begleitung eines archäologischen Instituts rechnen?

Wird eine archäologische Grabung im Rahmen einer Baumaßnahme beauftragt, werden durch das Amt Kosten in Höhe von 10 - 15 % der Gesamtbausumme als zumutbar erachtet. Das sind bei einer Bausumme von 500.000 Euro gut und gerne zwischen 50.000 und 75.000 Euro. Und dies bedeuten mit Abstand einen der größten Anteile der Gesamtsumme. Die Heizung liegt beispielsweise bei etwa 35.000 Euro, die Fenster und Türen liegen bei etwa 30.000 Euro und die Dachdeckung liegt bei 20.000 Euro. Für 50.000 Euro kann man z.B. das gesamte Gebäude unterkellern. 
 

Ist das bisher vermutete Bodendenkmal eigentlich ein schützenwertes Denkmal? 

Zu dieser Frage kann man sicherlich geteilter Meinung sein. Allerdings sagt das Gesetz ganz klar, dass nur vorhandene, existente Dinge geschützt werden können. Und an dieser Stelle sind berechtigte Zweifel angebracht. Zweifelsohne hat es das Römische Lager hier in Gnadental gegeben. Ist aber von diesem Lager wirklich noch so viel im Boden, dass man es in seiner Gesamtheit als schützenwert bezeichnen kann und es eintragungswürdig ist?

Seit dem Ende der Grabungen von Constantin Koenen 1887 - 1900 ist in Gnadental viel passiert, was sicherlich viele der vermuteten Bauten im Boden zerstört hat. Allein die Ausgrabungen haben lt. LVR Zerstörungen erzeugt. Auch Witterungseinflüsse während der Ausgrabung, Wiederverfüllung und anschließende landwirtschaftliche Nutzung schädigten die Römerbefunde. 

Im 2. Weltkrieg gab es gewichtsbedingte Bombenabwürfe der englischen Flieger nach Bombardement der Stadt Köln auf deren Rückweg nach England. Erst in den Nachkriegsjahren begann die Besiedlung der gesamten Region und Haus-, Straßen- und Kanalisationsbau haben sicherlich zur Zerstörung beigetragen. 

Alle diese Zerstörungen und ein zumindest wissenschaftlich fragwürdiger Umgang mit der Zusammenführung von Vorhandenem und Vermutetem, als auch der Umgang mit nachweislich festgestellten Verlustflächen, lassen Zweifel an der Schutzwürdigkeit oder gar am (Noch)-Vorhandensein des Bodendenkmals aufkommen.